REISEBERICHT – PHILIPPINEN
Tubbataha
bedeutet in der Samal-Sprache soviel wie „langes Riff, welches bei Ebbe aus dem Wasser ragt“. Das sich auf etwa 97 km² erstreckende größte Riff der Philippinen liegt im südostasiatischen Korallendreieck inmitten der Sulusee.
Einer der frequentiertesten Ausgangshäfen für die Safariboote zum Tubbataha-Riff ist Puerto Princesa auf Palawan. Von dort aus sind wir mit der „Narayana“ am 25.04.2019 in unser Tauchabenteuer in See gestochen. Wir hatten bereits viel vom Tubbataha-Riff gehört und gelesen, schon 1988 zum Marine-Nationalpark erklärt und seit 1993 UNESCO Welt-Naturerbe. Ein Highlight der Biodiversität, eine „Oase“ inmitten der offenen See, etwa 160 km oder knapp 90 nm vom nächsten Festland entfernt. Einige von unserer 12-köpfigen Tauchgruppe waren 2017 schon da und wurden zu begeisterten „Wiederholungs-Tätern“. Von Frankfurt gestartet und zwei mal den Flieger gewechselt ist nach 30 Stunden Reise ein erstes Durchatmen und Aklimatisieren im Coopers Dive and Beach Resort vorgesehen. Erst einmal Ankommen ist die Devise, die Ruhe und natürlich auch die Küche des von Lydia und Frank familiär geführten Coopers genießen. Eine Liege im Sand am Meer unter dem natürlichen Sonnenschirm eines Palmenhains. Das könnte aus einem dieser Promotion-Prospekte des philippinischen Fremdenverkehrsamt entsprungen sein.
Die Beach-Bar lädt zu Erfrischungen ein, alles gemütlich und ruhig, kein Animateur, der uns zu Pool-Spielen von den Sonnenliegen holt.
Erste Tauchgänge für den Check und zum dran gewöhnen werden von der resort-eigenen Tauchbasis gestartet. Die SSI-Basis Coopers Honda Bay Diving wird von Sohn Kevin geführt. Vom etwa 30 m langen Steg aus waten wir durch das seichte, etwa 30 °C warme Wasser. Dann rein in’s Tauchboot „Mona“, das schon von den guten Geistern der Basis mit unserem Tauchgerödel beladen ist.
Zügig schneidet die 14 m lange Bangka mit ihrem schmalen Rumpf und den beiden Auslegern durch’s türkisfarbene Wasser. Nach einer knappen viertel Stunde fällt der Anker. Es dauert nicht einmal 5 Minuten und wir springen in das warme, ja beinahe fast zu warme Wasser. Die Guides und die Bootscrew haben alles fertig bereit gestellt und wir müssen uns die Jackets nur noch über die Schultern werfen. In den letzten Tagen ging es ziemlich stürmisch zu, so dass das Wasser zwischen den vielen Inseln der Honda Bay aufgewühlt ist. Entsprechend ist die Sicht unter Wasser eher bei mäßigen 10 bis 12 m. Bei ruhigem Wetter sind 20 m und mehr die Regel. Geisterfetzenfische, Nacktschnecken und Critter prägen das Tauchgebiet der Honda Bay ein ausgesprochenes Makrorevier. Beim Dämmerungstauchgang kommen mit etwas Glück Mandarinenfische vor die Linse. Wer eine Blaulicht-Ausrüstung mit Gelbfilter dabei hat, kann wunderschöne Biofluoreszenz-Effekte hevorzaubern. Nach ein paar Tagen sind wir für die Tubbataha-Safari bereit, mehr als bereit, hungrig, voller Vorfreude. Lydia mahnt uns, außer der Tauchausrüstung nur Badehose und höchstens 2 T-Shirts mitzunehmen, alles andere ist an Bord. Mittags gegen 2 Uhr steht der Minibus zur abfahrt bereit. Die Tauchausrüstung ist schon per Pickup auf dem Weg zum Schiff im 80 km südlich gelegenen Hafen von Puerto Princesa. Wir werfen unsere Schuhe in eine große Kiste, wo sie bis zu unserer Wiederkehr in 6 Tagen im Bauch des Schiffes verbleiben. Auf der Narayana geht jetzt alles nur noch in Barfuss oder in Neoprene-Füsslingen. Gepäck und Tauchausrüstung sind bereits von der neunköpfigen Crew mit Unterstützung der beiden Tauch-Guides auf dem Schiff. Die Narayana, nach einer thailändischen Gottheit (auch Narai: der aus dem Wasser kommende) benannt, gehört wie das Coopers seit 2017 ebenfalls zu dem Familienbetrieb der Keßners. Frank gibt die Kabinenbelegung bekannt, wo das spärliche Gepäck schon angekommen ist. Der Hauptanteil wird von der Unterwasserkamera-Ausrüstung gestellt. Auf der Tauchplattform wird von uns die Ausrüstung zusammengebaut. Es stehen
Aluflaschen mit DIN- und INT-Anschluss mit 12 oder 15 l zur Verfügung. Auf dem fast 27 m langen, 2010 in Thailand gebauten Schiff aus Hartholz, landläufig auch „Eisenholz“ genannt, stehen geräumige klimatisierte Kabinen mit Doppelbett oder
Stockbett und Bad zur Verfügung. Insgesamt bietet die Narayana 14 Tauchgästen Platz. Das Besondere ist, dass alle Kabinen auf den zwei Decks Schiebefenster haben, die neben der Klimatisierung auch eine gute natürliche Lüftung erlauben. Eine weitere
Besonderheit bietet die Narayana mit „Balkonen“ in allen sechs Kabinen des Hauptdecks. Diese Balkone sind gepolsterte Liegeflächen für eine Person für das Sonnenbad oder auch zum Schlafen unter dem faszinierenden Milchstraßen-Sternenhimmel.
Pünktlich mit der Dämmerung startet die erste Bordparty mit einem zünftigen Spanferkel-Schmaus auf typisch philippinische Art. Währenddessen stellt sich die die Schiffscrew unter der Leitung des Kapitäns Pablo vor. Die beiden Tauch-Guides Camello und Arjhey schließen sich an. Kevin begleitet uns ebenfalls. Wegen des bis dahin ruppigen Windes, der regelmäßig, heute aber etwas verzögert abends abflaut, laufen wir ein wenig verspätet aus. Die Überfahrt verschlafen wir und am ersten Tauchtag sind wir bereits um kurz nach 8 Uhr im Wasser vor dem Süd-Atoll. Und dann beginnt der typische Wechsel der kommenden 5 Tauchtage mit tauchen, essen, tauchen, essen, …., schlafen.
Zurückblickend kann man kaum noch sagen, was wann bei welchem der 18 (bei machen auch 19) Tauchgängen gesehen wurde, es war auf jeden Fall immer spannend und interessant. Mehrere Begegnungen mit Walhaien, immer Haie, vorwiegend Weißspitzen-
Riffhaie, Schildkröten, Schwärme von Barakudas, Makrelen und Büffelkopf-Papageienfischen, große Thunfische, alles vor den Steilwänden der Außenriffe. Fass- und Tonnenschwämme beeindrucken durch ihre schieren Ausmaße. Und zu guter Letzt auch
ein Manta. Beim Austauchen auf dem Riffdach zwischen blendend weißen Sandfeldern und Korallenstöcken sind Drückerfische verschiedenster Art anzutreffen. Unter Tischkorallen schlafen Riffhaie und Rochen. Auch viel makrowürdiges ist zu sehen, aber
alles huscht vorbei wie in einem Kino, denn alle Tauchgänge sind Drifttauchgänge mit der allgegenwärtigen und wechselnden Strömung. Riffhaken und natürlich auch Handschuhe sind auf Tubbataha nicht erlaubt, Nachttauchgänge leider auch nicht. Aber Sicherheit geht vor.
Wir waren etwa zu Nipp-Zeiten am Tubbataha-Riff, so dass die Strömungen nicht ganz so ausgeprägt ausfielen. Meist eine Garantie für eine Strömungs-Achterbahn ist der Tauchplatz „ko-ok“ am Süd-Atoll. Der hier besonders schön gewachsene Korallengarten
des Außenriffs zieht an Dir vorbei und Du saugst den unvergesslichen Anblick in Dich und Dein Gedächtnis und machmal auch in die Kamera auf. Am Tauchplatz „Delsan“ haben uns große Schwärme von Stachelmakrelen und Barakudas in den Bann gezogen.
Mehrmals kommen große Thunfische entgegen der Strömung schwimmend an uns vorbei. Der obligatorische Zug von Weißspitzen-Riffhaien blieb natürlich nicht aus.
Was Dich an den Tauchplätzen „Triggerfish-City“ und „Black Rock“ erwartet, enthält schon der Name. Die Drückerfische verhalten sich hier genau so, wie in allen anderen Teilen des indischen Ozeans. Darum ist es insbesondere beim Riesen-Drücker nicht ratsam in dem „Verteidigungs-Kegel“ über die Brutmulde hinweg zu tauchen. Wenn es „nur“ mit einem Biss in die Flosse endet, dann ist es nur etwas Kunststoff und vor allem der Schreck den man und einer unserer Gruppe davon trägt. Wir konnten auch weitere Arten wie den Gelbsaum- und den Halbmond-Drückefisch beobachten.
Das Wrack „Malaya“ am Nord-Atoll bietet in ungefähr drei bis fünf Metern Tiefe keinen aufregenden Wrack-Tauchgang. Die Gezeiten und die Brecher von Taifunen haben das Wrack weitestgehend zerlegt. Der Motorblock steht allerdings wie ein Fels auf dem Korallendach. Im Flirren der tropischen Sonne springen einem die natürlichen Farben des hier wohl stationär zu findenden Süßlippen-Schwarms in’s Auge. Beim Austauchen im Flachwasser kommt es noch zu einer Begegnung der besonderen Art. Ein Igelrochen durchwühlt den weichen, sandigen Untergrund nach Fressbarem und wirbelt dabei eine riesige Sedimentwolke auf, so dass das recht seltene Exemplar zunächst nicht sichtbar ist. Ich nähere mich von vorne in vielleicht zwei Metern Tiefe und habe einen direkten Augenkontakt mit dem stattlichen Rochen. Zuschauer beim fressen sind allerdings keine willkommene Angelegenheit, so dass unser Tête-à-Tête nur von kurzer Dauer ist. Typische Tauchplätze am Nord-Atoll sind „Washing Machine“ und „Shark Airport“. Hier kommt es auch zur zweiten, aber dieses Mal sehr direkten Begegnung mit einem Walhai,
der sicherlich seine neun bis zehn Meter misst. So schnell, wie er kommt, so schnell ist er auch wieder weg, aber sehr einprägsam. Beim Morgen-Tauchgang stoßen wir auf einen beeindruckenden Schwarm von Büffelkopfpapageienfischen. Geschätzt mehr als hundert anthrazitfarbener Leiber dicht an dicht gedrängt, zeitweise optimal durch die Morgensonne angestrahlt. Eine echte Karettschildkröte lässt sich beim Frühstück durch meine Unterwasser-Videolampen nicht stören. Kurz mal aufgeblickt wird weiter mit Appetit reingehauen.
Ein Besuch bei der Rangerstation auf dem Nord-Atoll steht am Abend des vorletzten Tages an. Ein wenig Unterhaltung über das Tauchen und den Job der Ranger bringt Abwechselung in den Alltag. Tubbataha-Souveniers werden für das geneigte Auge und
Geldbeutel in Form von T-Shirts angeboten. Den 5. Tauchtag verbringen wir vormittags mit zwei weiteren Tauchgängen am Nord-Atoll, bevor wir für den Abschlusstauchgang an das Jessie Beazley Reef verholen. Bevor es aber losgeht, nutze ich die Mittagspause und lasse nach Genehmigung und Anmeldung per Funk durch Kapitän Pablo die Drohne steigen. Der Wettergott meint es gut mit mir, es ist ruhig und fast windstill, ideale Bedingungen. Auf 400 m Höhe fange ich den Traum in Weiß, Türkis und Blau ein! Ein
360°-Schwenk auf der Höhe lässt nun einen Blick auf die wahren Dimensionen dieser Riffansammlung mitten in der See zu. Alle erwachen nun aus Ihrer Siesta. Mit einem Kaffee in der Hand starte die Narayana zum nördlicher gelegenen Jessie Beazley Reef.
Dort angekommen lässt Pablo das Schiff während unseres Tauchgangs treiben, da hier nicht geankert oder sonst wie festgemacht werden darf bzw. kann. Dieser Tauchgang am „Jessie Beazley Dive Point“ hat es in sich. Rolle Rückwärts vom Beiboot direkt vor die Nase eines etwa sieben bis acht Meter großen Walhais. Vermutlich ist unser Gegenüber ebenso erstaunt wie wir. Jedenfalls dreht er mehrere Runden um uns drei weitere Male in Augenschein zu nehmen. Dass lässt mir Zeit, mich in optimale Position zu bringen und gewährt mir schließlich einen Blick Aug‘ in Aug‘ zu erhaschen, gerade so, dass mich die Brustflosse nicht berührt. Dann rechtzeitig Abstand nehmen, es folgt die riesige, wie in Zeitlupe schlagende Schwanzflosse. Kein Ding, mit dem ein Taucher auf Tuchfühlung kommen sollte. Die an Bambis erinnernde Punktzeichnung dieses größten Fisches der Weltmeere wirkt zusammen mit den Lichtwellenzeichnungen der Sonnenlicht-Brechung von der bewegten Wasseroberfläche und der Längsrippung der
Haut wie ein surrealistisches Kunstwerk das lebt.
Abends nimmt die Narayana Kurs auf den Heimathafen Puerto Princesa. Wir feiern ausgelassen unseren Abschied bis tief in die Nacht. Der Koch dreht noch einmal voll auf und grillt was das Zeug hält. Es wird der „Whale-Shark-Dance“ erfunden, wir haben
einfach so viel schönes erlebt und so viel Glück! Etwas müde erreichen wir Puerto Princesa und schließlich auch gegen Mittag das
Coopers. Jetzt sind 6 Tage Chillen angesagt. Es werden noch ein paar wenige Tauchgänge in der Honda Bay unternommen. Allerdings liegt nach Tubbataha nun die Messlatte sehr hoch! Am Vortag zu unserer Rückkehr in`s Coopers hat ein USamerikanisches Paar einen Dämmerungstauchgang bei Vollmond unternommen. Sie wurden durch den „Auftritt“ von Mandarinenfischen im „Paarungstanz“ belohnt. Das will ich natürlich auch erleben, aber der Mond ist bei meiner Unternehmung „Mandarinenfisch“ nicht mehr so ganz voll oder die Manderinenfische haben heute genug vom Sex. Jedenfalls sind nicht die Mandarinenfische, sondern schöne Bilder von Anemonen und Korallen mit Ihrer eigenen, unter Blaulicht erzeugten Biofluoreszenz im Kasten.
Einige aus unserer Gruppe sitzen schon am 2. Tag nach unserer Rückkehr in`s Coopers wieder im Flieger, sie wollen einmal „Asien intensiv“ mit 3 Nächten in Hong Kong erleben. Andere gehen auf Tagestouren und fahren mit Booten in den geheimnisvoll anmutenden „Underground River“ oder nehmen bei dieser Hitze die Strapazen einer Dschungel-Wanderung zu märchenhaften Wasserfällen auf sich. Einen Adrenalin-Kick bringt der Besuch der Hahnenkämpfe in Puerto Princesa mit sich. Aber all das ist noch einmal eine andere Geschicht, sicherlich Wert erzählt zu werden, beim nächsten Mal.
Christian Z.