Da wir die Florida Keys ohnehin nur mit Mietwagen verkaufen, bietet es sich an, nach Orlando zu fliegen, von dort zum Crystal River zu fahren (Fahrtzeit ca. 1 ½ Stunden), um anschließend Richtung Süden in die Florida Keys zu „cruisen“. Ein super Reiseablauf, denn Florida hat so viel zu bieten.
Als ich in Crystal River ankomme (Crystal River ist sowohl der Name für den Fluss, als auch für den Ort, der sich an dem Fluss befindet), sehe ich sofort, dass die Manatees hier eine große Sache sind, denn ein Schild mit der Aufschrift „Crystal River – Home Of The Manatees“ begrüßt mich. Am Straßenrand sieht man viele Figuren, Schilder und Plakate von den Helden des hiesigen Flusses, allesamt völlig einzigartig. Sogar ein übergroßes, lachendes Manatee mit Sonnenbrille und Tropicana-Shirt winkt mir am Straßenrand zu. Hier bin ich richtig, so viel steht fest. Als ich mich für die Tour am nächsten Morgen eintrage, kündigt mir der Leiter der Tauchstation direkt an, dass ich alleine sein werde, sprich eine exklusive Tour bekomme. Das verwundert mich, schließlich ist gerade die beste Reisezeit, um die freundlichen Grasknabberer zu besuchen. Aber umso besser, denke ich mir, je weniger Leute, desto gastfreundlicher werden die Manatees sein. Der nächste Hinweis ist dafür umso unsympathischer, denn Treffpunkt für die Tour ist um 6.15 Uhr morgens. Gute Nacht! Als ich am nächsten Morgen beim Frühstück sitze und mir klassisch amerikanisch einen French Toast mit Bacon genehmige, geht gerade die Sonne auf und der Himmel wird hellblau. Super Bedingungen, außer, dass die Außentemperaturen noch etwas frisch sind. An der Tauchbasis angekommen, begrüßt mich der Kapitän, ein bärtiger Seebär, der ideal zur anstehenden Tour passt. Er legt mir ein Video ein, welches mich auf die kommenden Stunden vorbereitet, denn es wird erklärt, was man darf und was man tunlichst vermeiden sollte. Natürlich darf man die Tiere nicht berühren, sie nicht erschrecken, sie nicht einkreisen, ihnen nicht den Weg abschneiden oder sich zu schnell bewegen. Manatees sehen sehr schlecht, dafür haben sie aber feine Haare am ganzen Körper, die wie Detektoren funktionieren und sie über jede Aktion in ihrem Umfeld in Kenntnis setzen. Der Schutz der Manatees wird im Crystal River großgeschrieben, dieses Gebiet soll kein Zoo sein, sondern die Tiere sollen weitestgehend ungestört leben können. Es gibt sogar Überwachungskameras unter Wasser und man bekommt eine Strafe, wenn man zum Beispiel ein schlafendes Manatees weckt oder erschreckt – eine gute Sache wie ich finde. Dennoch bin ich gespannt wie die Begegnung mit den Manatees bei so vielen „Don`ts“ ablaufen wird. Als ich das Video fertig angesehen habe, lacht mich der Seebär an und meint, dass das im Video nur Theorie ist. Die Manatees seien, so sagt er, lustige, fast schon abenteuerlustige Gesellen und suchen sogar den Kontakt. Hä? Und das Video? Er scheint wohl meine Gedanken zu lesen oder aber mein Gesichtsausdruck ist entsprechend seltsam, weshalb er nachlegt und mir erklärt, dass die Manatees sich quasi ihre Spielfreunde heraussuchen, sprich sie lassen es mich spüren, ob sie Spaß daran haben mit mir zu planschen oder aber ob sie mich eher wie beim Wählen des Eishockeyteams in der Jugend früher als letzten auswählen würden, weil ich überhaupt nicht Schlittschuhlaufen kann. In dem Fall schwimmen sie schneller oder aber tauchen einfach ab. Wenn mich ein Manatee allerdings ganz besonders klasse findet, dann dreht es sich sogar auf den Rücken und will am Bauch gestreichelt werden. Das ist doch mal ein Ziel, so einen Spielkameraden versuche ich heute im Crystal River zu finden.
Klasse, es kann los gehen! Leider erwische ein Temperaturtief, denn das Wetter ist schön, aber es ist frisch, um nicht zu sagen kalt. Sich da um 7 Uhr morgens in den Neoprenanzug zu winden, um gleich ins Wasser zu gleiten, ist erst mal keine Wunschvorstellung. Aber die Aufregung schiebt jeden kritischen Gedanken beiseite. Als ich alleine mit Kapitän Seebär auf dem Ausflugsboot durch den Crystal River fahre, hinterfrage ich mal wieder mein Karma, welches zuletzt ja außerordentlich positiv war, weshalb ich mir heute sicher bin, Manatees zu sehen. Als erstes geht es zum Spielzimmer der Manatees oder auch „Disco“ genannt, sprich hier sind die Manatees unternehmungslustig und aktiv. Außer uns sind noch zwei weitere Boote in dem seeartigen Fluss auf der Suche nach den Hauptattraktionen. Es sind nur wenige Gäste, schön ruhig also. Getaucht wird hier übrigens nicht, nur geschnorchelt, was aber gar kein Problem ist, denn die Tiere sind ohnehin nur an der Oberfläche. Rein ins Wasser, Schnorchel in den Mund los geht die Suche. Ich stelle mir kurz vor, wen ich mir zum Spielen aussuchen würde wenn ich ein Manatee mit Sensoren am Körper wäre: sicherlich niemanden, der wild strampelt und sich hektisch bewegt. Deshalb versuche ich ganz ruhig und entspannt im Wasser zu liegen, was mit dem dicken Neopren-Anzug erstaunlicherweise am Anfang gar nicht so leicht ist. Ich bin ein Warmwasser-Taucher, entsprechend habe ich mit dem Gleichgewicht im Wasser ein wenig zu kämpfen. Die Sicht ist schlecht, ich schätze mal 1 Meter, was das ganze Unterfangen zum einen schwieriger und zum anderen spannender macht. Man schaut in den blau-grau-grünen Wassernebel und jede Sekunde könnte ein 4,5 Meter Tier auf einen zu schwimmen. Aufregend! Ich schwimme und schaue, drehe mich und fange doch an ein wenig zu planschen. Mist. Ruhig bleiben und entspannt im Wasser liegen – das war die Devise. Ich schaue kurz aus dem Wasser, um vielleicht eine an die Oberfläche kommende, schnaufende Schnauze zu sehen, aber da ist nichts. Also wieder unter Wasser, dichtes Grün und kein Manatee. Meine Wasserlage beruhigt sich etwas und ich bilde mir ein, meine Umgebung wird etwas dunkler. Kommt da etwas auf mich zu? Tatsächlich, plötzlich taucht eines von diesen herzigen Gesichtern vor mir auf, aber viel langsamer, als ich es mir gedacht hatte. Ich hatte befürchtet, ich werde vielleicht einfach weggepflügt, wie Schnee von einem Räumfahrzeug, aber dem ist nicht so, das Manatee nähert sich ganz langsam, ja, es schaut mich erst mal genau an und wird noch langsamer, bis wir fast nur nebeneinander hertreiben. Unglaublich wie niedlich es ist und mich mit den Knopfaugen inspiziert. Dann wird es wieder etwas schneller, um gleich wieder langsamer zu werden. Und dann sehe ich auch den Grund, zwei weitere Manatees gesellen sich zu uns. Wir bleiben nur kurz zu viert, die anderen beiden ziehen nach einer kurzen Begegnung weiter, so als ob „mein“ Manatee mich den anderen nur kurz vorstellen wollte. Und dann passiert es, die Kuschelkuh dreht sich auf den Rücken und streckt mir ihren massigen Bauch entgegen. Natürlich bin ich gehemmt, schließlich soll ich die Manatees ja nicht berühren. Es rollt sich wieder zurück und stupst mich dabei seitlich an. Gleich darauf kommt nochmal die Streichelaufforderung und dieses Mal gebe ich nach. Fühlt sich lustig an und mein Spielkamerad lässt sich diese Einheit lange gefallen. Eine Stunde vergeht wie im Nichts. Fast die komplette Zeit sehe ich Manatees, wie sie vorbeischwimmen, schauen, sich drehen und spielen. Fantastisch, was für ein Spaß! Der Seebär ruft mich ins Boot zurück, damit wir noch zum „Schlafzimmer“ der Manatees fahren können.
Das Schlafzimmer ist der Ruhebereich, hier schlafen die Seekühe, fahren ihre Körperaktivität, fast wie bei einem Winterschlaf, herunter, und werden etwas träge. Besonders in diesem Bereich passen Ranger auf, dass man sich nicht störend verhält. Die Fahrt führt uns in einen tieferen Zweigbereich des Crystal River und das Wasser wird deutlich klarer. Wir können vom Boot aus schon viele Manatees beobachten, wie sie entweder auf dem Weg ins Schlafzimmer sind oder aber sich Richtung Disko aufmachen. Erstaunlich zackig sind sie dabei teilweise unterwegs und der Kapitän erklärt mir, dass Manatees bis zu 25 km/h schnell werden können. Das hätte ich diesen behäbig wirkenden Wesen nicht wirklich zugetraut. 500 kg verteilt auf 4 Meter mit einer solchen Geschwindigkeit? Nicht schlecht. Als die zweite Runde beginnt, ist es unter Wasser gleich komplett anders, vor allem weil die Sicht so gut ist. Hier sehen wir Manatees kommen, wie sie uns passieren oder aber irgendwie anders beschäftigt sind. Wir schwimmen durch eine Art Bachlauf in ein ruhigeres Gewässer und ich erkenne jetzt, dass das hier das eigentliche Schlafzimmer ist. Ich bewege mich ganz ruhig, um ja kein schlafendes Manatee zu wecken. Sie liegen ganz ruhig am Grund, teils alleine, teils zusammengekuschelt, Kinder bei ihren Mamis und manche scheinen sogar im Wasser zu schweben. Unglaublich diesen großen Tieren so nahe zu kommen und sie in Ruhe beobachten zu können. Wir drehen eine Runde und schauen einer Mutter zu, die sich mit den vorderen Flossen um ihr Kleines kümmert. Sensationell und herzerwärmend. Auf dem Rückweg stoßen wir auf eine Gruppe „schlafloser“ Manatees, die scheinbar richtig lustig drauf sind. Sie umkreisen uns und rumpeln förmlich in uns hinein. Ich kann gar nicht ausweichen, so oft dotze ich links und rechts gegen einen massiven Bauch. Aber das scheint ihnen zu gefallen, ein Manatee stupst mich wie ein Hund mit der Nase an, man könnte fast meinen, es küsst mich. Ich muss in meinen Schnorchel hineinlachen, weil die Situation so unfassbar ist. Umgeben von Manatees, die sich hastig um die besten Plätze, um mit uns spielen zu können, rangeln. Plötzlich fällt mir das Video ein, dass mir am Anfang gezeigt wurde und ich muss feststellen, die Manatees haben dieses Video offensichtlich nie gesehen! Sie berühren mich, sie bewegen sich schnell, sie erschrecken mich, sie schneiden mir den Weg ab… Eine Strafe müsste ihnen sicher sein! Ich genieße die Zeit und merke wie ich einen leichten Muskelkater in den Backen vom Lachen im Schnorchel bekomme. Eine unvergessliche Stunde inmitten dieser faszinierenden Meeresbewohner, die ich mir in meinen Gedanken einrahmen werde. Auf dem Weg zurück ins Boot überholt mich eine Manatee-Mutter mit ihrem Baby direkt unter mir und ich bekomme nochmal eine tolle Perspektive auf diese beiden Tiere, wie sie ihre Flossen bewegen und ganz mühelos an mir vorbeigleiten. Auf dem Boot zurück ist mir derart kalt, dass ich wie Espenlaub zittere. Der Kapitän serviert mir eine heiße Schokolade, aber ich verschütte die Hälfte, weil meine Hände selbst mit der Tasse in der Hand so zittern. Dafür bin ich richtig glücklich über das gerade Erlebte. Was für eine großartige Begegnung! Ab sofort zählen Manatees mit zu meinen Lieblingstieren, denn niemals hätte ich geahnt, dass diese Brummer so herzberührend lieb sind und man so viel Spaß mit ihnen haben kann.
Beim Hotel habe ich mich für das Crystal River Plantation Resort entschieden, denn es bietet das beste und angenehmste Paket. Direkt am Hotel gibt es eine Tauchbasis mit eigenem Anlegesteg, so dass man direkt von dort zur Manatee-Tour starten kann. Kein Umpacken, keine Fahrerei, einfach zum Wasserzugang des Hotels gehen und ins Boot hüpfen. Am Hotel selbst gibt es zahlreiche Parkplätze, was für die Mietwägen sehr wichtig ist, die Zimmer sind ansprechend und das Frühstück ist selbst sehr früh morgens äußerst lecker. Zudem ist das Hotel preislich interessant, was das Ganze wunderbar abrundet. Ein tolles Ziel, in jeder Hinsicht. Natürlich verbringt man hier nicht einen ganzen Urlaub, aber ein paar Tage sind sicher gut investierte Zeit. Wie gesagt: als Kombination mit den Florida Keys ideal oder aber man verbindet es sogar mit unserem ganz neuen Zielgebiet…
NICARAGUA / LITTLE CORN ISLAND
Wie oben schon erwähnt, habe ich neben den Manatees im Crystal River noch eine weitere Neuigkeit bzw. ein brandneues Zielgebiet in unserem Programm. Mein Ziel war es ja schon immer, Tauchgebiete zu finden, die nicht so bekannt sind. Das hört sich romantisch an, ist aber natürlich nicht so leicht, denn zum einen hat man gefühlt irgendwie schon alles irgendwo einmal gehört und zum anderen müssen die Gegebenheiten zum Verkauf in Deutschland vorhanden sein. Damit meine ich vor allem Erreichbarkeit, Qualität der Tauchplätze, Hotellerie, Seriosität der Tauchbasis und ein vernünftiges Preis-Leistungs-Verhältnis. Sie werden in meinem Bericht gleich erkennen, dass einige der Punkte in Nicaragua nicht zu 100 % gewährleistet sind, aber ganz ehrlich, das macht es auch irgendwie aus. Ich höre in Gesprächen immer wieder heraus, dass viele Gebiete touristisch zu platt getreten sind und ursprüngliche Orte auch ihren Reiz haben. Dem kann ich nur zustimmen, aber dazu muss man eben auch ein paar Einschränkungen in Kauf nehmen, denn wie sagt man so schön: man kann nicht alles haben.
Nicaragua also! Wie zum Teufel bin ich nur darauf gekommen? Das kann ich Ihnen sagen: Empfehlungen. Empfehlungen haben mich damals schon nach Camiguin auf den Philippinen geführt und ich habe mich von der ersten Sekunde an in diese Insel verliebt. Gleiches gilt für Utila in Honduras. In einem harmlosen Gespräch vor vielen Jahren ist der Name Utila irgendwann gefallen und ich habe ihn nie vergessen, bis ich Mitte der 2000er endlich selber vor Ort war. Seitdem wissen viele von Ihnen, dass ich diese Insel in mein Herz geschlossen habe. Sind Camiguin und Utila leicht zu erreichen? Nein, und trotzdem haben wir viele Kunden, die diese Inseln lieben. Ist Utila ein First-Class-Tauchgebiet? Nein, aber das ist nicht alleine ausschlaggebend, wenn man sich für diese Insel entscheidet. Vielmehr ist es die einmalige Atmosphäre, die man sofort einatmet, wenn man mit der Fähre am Hafen ankommt. Bietet Camiguin eine vielfältige Hotellerie? Sicher nicht, ein prima Bungalow-Resort reicht. Und genau in einem solchen Gespräch mit einem Tauchlehrer über „besondere Orte“ ist irgendwann einmal der Name Little Corn Island in Nicaragua gefallen. Tolles Tauchen, Insidertipp, unberührt, Backpacker – all das sind Schlagworte, die auf jene drei Inseln zutreffen, entsprechend hellhörig bin ich geworden, als mir Little Corn Island in etwa so beschrieben wurde. Das war vor einigen Jahren, ich hatte bisher nicht die Gelegenheit dorthin zu reisen, aber jetzt war die Zeit reif, nach Nicaragua zu fliegen, genauer gesagt um Little Corn Island kennen zu lernen.
Auf dem Papier sieht die Anreise gar nicht so knifflig aus. Zugegeben, es gibt keinen Non-Stop-Flug, aber ich hatte es mir schlimmer vorgestellt. Flug nach Miami, dort eine Nacht, weiter nach Managua (die Hauptstadt Nicaraguas), ein 45-minütiger Flug auf die Insel Big Corn Island, die wie der Name schon sagt, so etwas wie der große Bruder von Little Corn Island ist, und schließlich noch eine halbstündige Fähre nach Little Corn Island. Es gibt auch Verbindungen über Panama City anstelle von Miami, das ist vermutlich im Einzelfall zu prüfen, welche Variante besser ist. Eine Kombination mit den Florida Keys oder den Manatees am Crystal River ist aber auf jeden Fall über Miami machbar.
In Managua angekommen, merkt man sofort, dass hier viele Backpacker unterwegs sind. Das Gepäckband ist voll von Rucksäcken, Hartschalenkoffer sucht man hier vergebens. Der internationale Bereich des Flughafens ist sehr modern, nicht nur von der Ausstattung, sondern auch von der Bauweise. Als ich mich schon euphorisch beim Schalter der nationalen Airline für den Weiterflug anstellen will, erklärt mir ein vielbeschäftigter Weganweiser, dass ich aus dem Gebäude hinaus zum nationalen Terminal muss. Ok, das sollte man wissen. Vor dem nationalen Abflugbereich stehend, muss ich leicht schmunzeln, denn der Unterschied könnte nicht größer sein. Hier die moderne Architektur, da eine abgerockte Bude. Egal, rein und los. Der Flug nach Big Corn Island ist schnell vorbei, allerdings sind wir offensichtlich ins schlechte Wetter hineingeflogen, was ich mit Sorgen beobachte, schließlich geht es nach Little Corn Island per Fähre weiter. Von der strahlenden Sonne, rein in windige Wolken. Ein Gepäckband gibt es im Flughafen von Big Corn Island nicht, sondern man stellt sich einfach in den einzigen Ankunfts-Raum und das Gepäck wird dann in der Mitte abgelegt. Problem ist, dass der Raum gerade groß genug für die Gäste ist – ohne Gepäck. Karibik! Als sich der Raum leert und ich immer noch neben einigen anderen Touristen etwas fragend ohne Gepäck Richtung Flugzeug blicke, kommt ein breit lachender Reggae-DJ – zumindest könnte er das optisch sein – zu uns und sagt, dass es überraschend so viele Gäste gab, dass ein zweites Flugzeug eingesetzt wurde und unser Gepäck vermutlich in dieser Maschine ist. Da frag ich mich, wie überraschend kann das gewesen sein? Aber gut, warten wir es ab. Tatsächlich landet wenig später die zweite Maschine und siehe da, mein Gepäck ist auch mitgekommen. Puh. Draußen wartet schon ein Taxifahrer auf mich, den ich während meiner Wartezeit akquiriert habe. Er wuchtet meinen Koffer aufs Dach, weil er für den kleinen Kofferraum viel zu groß ist. Man muss dazu sagen, dass das Auto in etwa die Größe eines Seat Ibiza hat, also nicht zwingend das ideale Touristentaxi ist. Als wir über den ersten Bremshügel ruckeln und ich vermutlich etwas irritiert und fragend umher blicke, schaut mich der Fahrer an und lacht: This is Corn Island, you have to be free in your mind! Ich würde das in etwa so übersetzen: Du bist auf Corn Island, locker dich mal ordentlich durch. Er schmeißt sich vor Lachen fast weg, so großartig findet er seinen eigenen Witz und wackelt mit dem Kopf dabei wie Stevie Wonder in seinen Musikvideos. Die Fahrt dauert nur 10 Minuten, aber sie zeigt mir bereits wie schön und ursprünglich schon diese Insel ist. Leuchtreklame oder Bettenburgen – Fehlanzeige.
Am Hafen von Big Corn Island angekommen – mein Koffer hat die Fahrt wie durch ein Wunder heil auf dem Dach überstanden – versuche ich mich gerade zu orientieren, als ein weiterer Reggae-Fan auf mich zu kommt. Er wirkt recht entschlossen, weshalb ich zuerst denke, er ist vielleicht der Hafenmeister oder ähnliches, aber das erledigt sich mit der ersten Frage. „Ob ich Lust hätte Gras zu rauchen?“ Nein, tut mir leid, ich will eigentlich nur zur Fähre. Darauf seine zweite Frage „ob er mir beim Kartenkauf behilflich sein kann“. Lustige Reihenfolge der Fragen. Die Karte besorge ich mir selber, aber der Blick aufs Meer verheißt nur eines: nass. Um ehrlich zu sein, habe ich anhand der Beschreibungen zur Anreise das Wort „Fähre“ mit einer entspannten Überfahrt, auf der ich ein Buch lesen kann, assoziiert. Aber das wird wohl nichts werden. Wellen, Regen und Wind sind keine gute Kombination, wenn die sogenannte Fähre eine bessere Nussschale ist. Ehrlich, das Boot ist nicht groß, vielleicht 7 Sitzreihen mit je 4-5 Plätzen auf Bretterbänken. Mein Taxifahrer eilt nochmal zu mir und bringt mir euphorisch eine schwarze Plastiktüte, allerdings verstehe ich zuerst nicht, was ich damit machen soll. Dann wird mir aber schnell klar, dass ich mein Gepäck einpacken soll, damit es nicht nass wird. Ich bin einer der ersten, der mit dieser Variante beginnt, allerdings dauert es nur wenige Minuten bis fast jeder Reisende einen schwarzen Sack vor sich stehen hat. Es wird getuschelt, fast alle lachen mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Abenteuergeist und dann geht es endlich los. Alle sind an Bord und der Kapitän gibt gleich den Hinweis, dass es etwas ungemütlicher werden könnte. Das sagt er so gelassen, als ob er der Platzanweiser in einem Vergnügungspark wäre. Er fügt auch noch an, dass man die große Plastikplane als eine Art Dach über die Sitzreihen spannen könnte. Das finde ich sympathisch und klingt nach einem netten Angebot. Nach wenigen Metern wird klar, dass das keine Option ist, sondern eine dringende Empfehlung. Das Wasser schwappt nur so auf die Plane, die an den Seiten von den Gästen mühsam gehalten wird. Unter der Plane lachen die meisten, mit solch einer Fahrt hat niemand gerechnet. Dummerweise ist die Abdeckung viel zu klein, so dass die ersten beiden Reihen voll im Wasser sitzen. Ich habe die letzte Reihe erwischt, was aus zwei Gründen eine dumme Wahl war. Erstens ist der Abstand zur Reihe vor mir deutlich kleiner als in den anderen Reihen, weshalb ich auf der ganzen Fahrt meine Beine nicht ein einziges Mal bewegen kann. Air Berlin lässt grüßen. Und zweitens läuft mir das Wasser vom Ende der Plane hinten in den Rücken hinein. Es gibt die ersten Verbrüderungen unter der Plane, solch ein Erlebnis verbindet, gar keine Frage. Der vielleicht größte Vorteil der Abdeckung ist, dass man nicht nach draußen sieht, die Fahrt passiert einfach. Eines ist klar, durch diese spezielle Anreise erfolgt von ganz alleine eine natürliche Auslese der Touristen, die Little Corn Island besuchen, denn sicherlich macht kein „normaler Badeurlauber“ das mit. Nach knapp 45 Minuten ist der Spaß vorbei und das Motorengeräusch verändert sich, weil wir kurz vor Little Corn Island sind. Die Plane wird zurück gefaltet, alle Gäste lachen und schütteln den Kopf. Was ist hier gerade passiert? Natürlich bin ich pitschnass als ich mit meinem Plastiksack auf das Dock klettere. Hoffentlich war der Sack wasserdicht, damit meine Kameras noch leben?! Sofort checke ich das Innere der Plastiktüte und zum Glück ist alles trocken. Puh, das war knapp. Ab jetzt kann ich auch herzlich mit lachen, denn das war einfach unglaublich. Fotos werden gemacht, man stellt sich nochmal seinem Nachbarn vor und freut sich über dieses Erlebnis. Für mich ist klar, auf der Rückfahrt sitze ich in der Mitte in der Mitte, denn das ist ganz sicher der trockenste Bereich. Als sich alle sortiert haben, suche ich jemandem von meinem Hotel und finde auch prompt einen Abholer. An der Stelle sollte ich erwähnen, dass es auf Little Corn Island auf der ganzen Insel keine motorisierten Fortbewegungsmittel gibt! Kein Auto, kein Golfcart, kein Moped. Alles passiert zu Fuß. Außerdem gibt es maximal nur Wege, Straßen sowieso nicht, aber die meisten Verbindungen sind einfach Trampelpfade. Ich finde das spitze, das zeigt gleich den Charakter der Insel. Als ich mit meinem Gepäckbuddy den „Hauptweg“ zum Hotel gehe, passieren wir gleich die zentralen Treffpunkte und Cafés der Insel, in denen die Gäste die klitschnassen Neuankömmlinge lachend begrüßen. Was für ein Start!
Little Corn Island ist wirklich in jeder Hinsicht eine besondere Insel. Ich hatte die Insel Utila in Honduras weiter oben mal erwähnt, eine Insel, die ebenfalls das ersehnte Ziel vieler Backpacker ist. Kommerzialisierung findet man dort nur im Anfangsstadium, Zeit spielt eine untergeordnete Rolle und der offizielle Slogan der Insel ist: „morgen reise ich ab“. Das tut aber kaum je einer, weil Utila einer der Orte ist, an dem selbst der unnahbare, harte Manager entspannt und locker sein kann. Der Hauptweg (Straße wäre ein übertriebenes Wort) der Insel wird flankiert von buntbemalten Holzhäusern, man trinkt Cocktails in Bars auf einem Steg über dem Meer und genießt die eigene Ausgeglichenheit: karibisches Lebensgefühl in ihrer reinsten Form. Little Corn Island erinnert mich sehr an Utila, nur dass Little Corn noch ein wenig ursprünglicher ist, ungefähr so wie Utila vor 10 Jahren. Nach meiner Empfindung ist das einzig Moderne auf der Insel, dass die meisten Cafés und Hotels eine erstaunlich gute WLAN-Verbindung anbieten. Die beiden populärsten Treffpunkte direkt am Meer heißen Tranquilo und Desideri, also übersetzt so etwas wie „entspannt“ und „Wünsche“. Dort trifft man sich und genießt beim Blick aufs Meer einen Cocktail, einen Smoothie oder vielleicht einen Fisch-Taco. Die meisten Gäste haben ein Smartphone in der Hand und checken irgendwas im Internet. Dieses weltweite Online-Phänomen wird mir ewig schleierhaft bleiben?! Egal, gefühlt komme ich sofort auf Little Corn Island an, denn die Insel heißt jeden Gast schnell willkommen. Eines muss einem allerdings klar sein, Komfort ist kein Versprechen, das auf Little Corn Island eingelöst wird. Wie schon erklärt fängt dies schon bei den Wegen der Insel an, wobei es eigentlich es nur einen vernünftigen Weg gibt, der diese Bezeichnung wirklich verdient. Er führt einmal von Nord nach Süd am Meer entlang und an den Enden jeweils noch ein wenig ins Inselinnere hinein. Der Rest besteht aus Trampelpfaden und reiner Natur. Dadurch ist alles sehr kompakt und übersichtlich, was den Vorteil mit sich bringt, dass man sich auf der Insel schnell kennt. Nach zwei Tagen klatschen mich Einheimische auf dem Weg zur Tauchbasis ab, grinsen dabei breit und brabbeln irgendeinen verdammt coolen Insel-Slang. Die Bedienungen in den Cafés wissen beim zweiten Mal welches mein Lieblings-Smoothie ist (Banane, Mango) und wenn man abends einmal bei einem Einheimischen im 3-Tische-Restaurant gegessen hat, kennt man für den Rest des Urlaubs die ganze, überaus freundliche Familie. Auch unter den Touristen entwickelt sich schnell eine kleine Gemeinschaft, zum einen natürlich mit denen, die buchstäblich „im gleichen Boot“ bei der Anreise saßen und zum anderen mit den Tauchern. Immerhin circa die Hälfte der Gäste auf Little Corn Island sind Taucher und es gibt nur zwei Tauchbasen auf der Insel. Beide liegen nur wenige Meter voneinander entfernt, so dass man sich schnell berichten kann, was man so unter Wasser gesehen und erlebt hat. Das alles macht sehr viel Spaß und gibt sicherlich jedem Urlauber ein gutes Gefühl.
Als sich das Wetter bessert, freue ich mich auf die ersten Tauchgänge am Außenriff. Meinen ersten Tauchgang auf Little Corn Island hatte ich wegen der hohen Wellen im Innenriff absolviert und dieser war erstaunlich gut. Viel Fisch, viel Leben am Riff, was immer ein gutes Zeichen ist. Aufmerksam bin ich auf Little Corn Island übrigens auch deshalb geworden, weil man hier mit viel Glück Hammerhaie sehen kann. Es gibt viele Videos und Bilder dazu, wenngleich man mit solchen Wünschen, wie immer sehr vorsichtig sein muss. Fix rechnen würde ich niemals mit einer solchen Begegnung. Haie generell hingegen scheinen hier auf Little Corn Island aber alles andere als eine Seltenheit zu sein, denn viele Taucher haben mir in den ersten Tagen von ihren Begegnungen berichtet. Das klingt vielversprechend! Der erste Tauchgang führt uns zum Tauchplatz Long Rock und die Wellen sind außen am Riff immer noch recht massiv. Teilweise klatscht das Boot nur so auf’s Wasser, der wahrhaft tiefenentspannte Kapitän, verändert seine Mimik nicht ein einziges Mal, aber das schockt mich nach meiner Überfahrt in der „Fähre“ nicht mehr. Das Wasser ist recht warm, ein 3 mm Shorty reicht gut aus, was genau mein Ding ist. Wie oben schon erwähnt, bin ich ein bekennender Warmwassertaucher. Die Beschaffenheit des Tauchplatzes ist schnell erklärt, ein großer, langer auf dem Sandboden aufliegender Riffblock von ca. 5 Metern Höhe. Er ist dicht bewachsen, die komplette karibische Riffflora versucht sich auf engem Raum in ihrer kompletten Pracht zu zeigen. Was sich dann in den nächsten 46 Minuten abspielt, ist mit das beste was ich je unter Wasser gesehen habe, ohne Übertreibung. Ich muss dazu sagen, ich bin ein Fan von Fischschwärmen. Ich würde vermutlich (fast) jeden Hai links liegen lassen, wenn ich durch einen dichten Schwarm von Fischen tauchen und mich umzingeln lassen kann. Aus irgendeinem Grund fasziniert mich die Optik, das Gefühl und die Tatsache, dass sich so viele Fische dicht an dicht gedrängt, teilweise so unglaublich koordiniert bewegen. Schon in den ersten Minuten dieses Tauchgangs ist offensichtlich, dass dieser Tauchplatz ein einziger Fischschwarm ist. Dicht an dicht drängen sich tausende von Großaugenbarschen und legen sich fast schon wie eine Art Teppich über den Korallenblock. Der Anblick ist reif für ein Fotobuch. Als ich beginne diese Momente zu genießen gibt meine Kamera den Geist auf. Batterie leer, dabei waren da gerade noch zwei Balken, das ist bitter… Ich brauche einen kurzen Moment, um mich von diesem Schock zu erholen, glücklicherweise holt mich aber eine freischwimmende Muräne zurück unter Wasser. Sie war uns beim Briefing schon angekündigt worden und da ist sie tatsächlich. Ihre Größe ist beachtlich, der Kopf beeindruckend und sie weiß ganz genau, dass dies ihr Riff ist. Erst umkreist sie einen Riffblock und dann ist da so ein Moment zwischen uns, als sie mich von unten nach oben anschaut, weshalb es wirkt als ob sie direkt nach oben zu mir schwimmen würde. Aber sie biegt ganz schnell wieder ab und schlängelt sich weiter durchs Riff. Auf einmal sehe ich zwei Augen im Sand. Der Abstand der Augen irritiert mich ein wenig, denn er ist viel zu groß. Außer, ja außer es handelt sich um den größten Stachelrochen, den ich je gesehen habe. Und genau so ist es, was für ein Brackl!!! Er ist riesig, keine Ahnung welche Spannweite, aber ich schätze ihn auf ca. 1,5 Meter. Er buddelt sich kurz frei, schüttelt den Sand von sich und schwebt dann auch schon weg. Wahnsinn was es hier zu sehen gibt – und meine Kamera baumelt leblos an meinem Handgelenk. Der nächste Schwarm umrundet mich, dieses Mal sind es irgendwelche Schnapper. Sie gehen nahtlos in den Schwarm von Barschen über, es ist eine echte Fischsuppe. In dem Moment zuckt der eine Schwarm Barsche zur Seite, er schlägt glitzernd Haken nach links und nach rechts, total synchron. Und da erkenne ich den Grund, ein massiger Barrakuda ist auf der Nahrungssuche und schießt immer wieder in den Pulk hinein. Wow, ein Jäger auf der Jagd! Noch ein dicker Rochen, ein paar Lobster und ein weiterer Besuch der Muräne – und schon müssen wir wieder auftauchen. Mein Buddy, ein etwas unbeholfener Däne, und ich schauen uns traurig an. Da klopft der Tauchguide nochmal an seinen Tank. Ein Riffhai zieht an uns vorbei, dreht eine Schleife, passiert uns und schwimmt dann locker weiter. Eine perfekte Choreographie, die mir als Video gut gefallen hätte. Bittersüß, diese vielen Momente dieses eigentlich perfekten Tauchgangs. In mein Logbuch trage ich ein: „einer der besten Tauchgänge ever“. Genau so war es.
Nachmittags genieße ich die Atmosphäre am Strand. Der Strand ist zwar nicht schneeweiß, aber dennoch sehr schön und das Wasser läuft angenehm flach hinein und ist so ideal zum Baden. Ich liebe diese Momente, in denen man mal bewusst kurz aufschaut, die Umgebung genießt, die Akustik am Strand wahr nimmt und sich denkt, dass es das Leben ab und zu wirklich gut mit einem meint. Ich habe den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, da kommt ein Hund zu mir und legt sich grußlos einfach auf meinem Handtuch ab. Als ob ich nicht da wäre. Dummerweise ist mein Handtuch kein Badetuch, sondern eher eine größere Version eines Küchentuchs, weshalb eigentlich kein Platz für Gäste ist. Ich stehe auf und hoffe, dass der Hund meine Aktion versteht und sich vielleicht höflich verabschiedet. Nichts da, er breitet sich nur noch mehr aus. Ich setze mich also erst mal vertrieben von meinem eigenen Handtuch auf den danebenliegenden Stein und lese weiter in meinem Buch. Als ich nach einer kurzen unbequemen Zeit aber doch ganz gerne mein Handtuch wieder hätte, ziehe ich dem Hund einfach seinen Untergrund weg. Das gefällt ihm gar nicht und er fängt eine wilde aber lustige Rangelei mit mir um das Handtuch an! Am Abend gehe ich mal wieder in einen der sogenannten Comedores, also ein einheimisches Restaurant – ohne Lizenz für Alkoholausschank. Dieses wurde mir empfohlen und es befindet sich am Ende des Hauptweges, etwas in den Wald zurückgesetzt. Vier Tische hat das schön beleuchtete Terrassenrestaurant und zwei sind schon besetzt. Ich bestelle Lobster in Knoblauchsauce für USD 9,– und er schmeckt großartig. Ich mag es ja, wenn sich der Geruch schon aus der Küche ausbreitet, in der offensichtlich die Mama des Hauses kocht. Als Nachtisch gibt es kostenlos noch Arme Ritter, was ebenfalls ausgesprochen lecker ist. Beim Bezahlen verzieht der Chef kurz das Gesicht, als ich ihm meinen Geldschein, umgerechnet wären es wohl ca. € 25,–, gebe, denn er kann nicht wechseln. Also läuft sein Sohn kurz zum Nachbarn, klopft dort an die Tür und lässt sich das Geld wechseln. So funktioniert das in der Karibik: Home-Banking.
„My Place“ lautet der Tauchplatz am nächsten Morgen. Es war der ausdrückliche Wunsch eines Gastes, weil dort immer sehr viele Haie sind, so die Aussage von mehreren Tauchern auf der Insel. Solchen Erwartungen stehe ich ja immer kritisch gegenüber, aber was soll’s, mein Karma ist gut, die Tauchguides verziehen nicht eine Miene bei der Begründung des Wunsches und im Briefing wird auch auf die sehr gute Chance auf Haie hingewiesen. Prima. Ich finde es immer wieder unheimlich spannend, wenn man beim abtauchen schon das Riff beobachtet, ob da vielleicht irgendwo ein Hai umherschwimmt. Leider nein in diesem Fall. Der Tauchgang an sich ist tolles Karibiktauchen, unglaublich viele Rochen, am Ende habe ich aufgehört sie zu zählen, so viele waren es. Als ich die Hoffnung schon fast aufgegeben habe, kommen doch noch zwei Ammenhaie zu uns! Sie sind auffallend neugierig und kommen immer wieder sehr nah an uns heran. Einen der Tauchguides scheinen sie regelrecht zu lieben, denn sie schwimmen immer wieder auf ihn zu und berühren ihn sogar. Auch auf mich steuert einer der beiden direkt zu, passiert mich und schwimmt direkt um mich herum zurück. Aufregend! Die beiden Ammenhaie nehmen die Tauchgruppe natürlich völlig unter Beschlag, alle schauen auf die beiden und beobachten ihre feinen Bewegungen. Wann erlebt man schon mal zwei Ammenhaie so aktiv und so nah?! Nach einer Zeit schwimmen wir weiter, aber etwas überraschend folgen uns die Haie. Wie Pilotfische treiben sie an unserer Seite und begleiten uns. Am Ende des Tauchgangs schaue ich sogar fast gar nicht mehr nach ihnen, so selbstverständlich sind sie geworden. Unglaublich, das hatte ich auch noch nie – Haie werden nicht beachtet!? Wieder an Bord des Tauchboots klärt uns die Tauchlehrerin auf, die Einheimischen versuchen den Ammenhaien beizubringen Rotfeuerfische zu fressen und mussten sie natürlich erst einmal auf den Geschmack bringen, indem sie ihnen tote Rotfeuerfische zum Fressen gegeben haben. Es gab eine große Studie hier vor Little Corn Island, bei der Felder mit und ohne Rotfeuerfische abgesteckt und dann beobachtet wurden. Das Ergebnis war erschreckend, die Rotfeuerfische grasen ohne natürliche Feinde alles ab, weshalb die Haie auf sie angesetzt werden sollen. Leider sind sie noch in der Phase, wo sie darauf hoffen weiterhin gefüttert zu werden, aber das soll sich im Laufe der Zeit ändern. So oder so, ein weiterer toller Tauchgang! Little Corn Island hat taucherisch wirklich jede Menge zu bieten, dazu sind die Ausfahrten meist kurz und man kehrt nach jedem Tauchgang wieder zurück zur Insel, weshalb man sich den Tag gut einteilen kann.
Als sich mein Aufenthalt auf Little Corn Island dem Ende entgegen neigt, möchte ich nicht abreisen, zu sehr habe ich die Tage auf dieser großartigen Insel genossen. Vor allem die Gemeinschaft hat mir gut gefallen. Überall trifft man Leute, sei es vom Tauchen, sei es aus dem Hotel oder aus einem der Cafés. So etwas erlebt man nicht überall und ich denke das liegt auch ein bisschen an der Atmosphäre auf der Insel. Dazu sind die „Nicas“, wie die Nicaraguaner liebevoll genannt werden, wirklich sehr herzlich. Mit jedem kommt man sofort ins Gespräch und sie sind sehr hilfsbereit. Auch die Backpacker, die ich kennen gelernt habe, haben mir genau das bestätigt. Bei ganz vielen war Little Corn Island der Abschluss einer Reise durch Nicaragua, weil sie sich das Highlight bis zum Schluss aufheben wollten. Und alle haben mir versichert, dass sie sich überall im Land wohl gefühlt haben. Dies möchte ich unbedingt erwähnen, weil mittelamerikanische Länder oft gegen Vorurteile ankämpfen müssen. Little Corn Island ist eines dieser Ziele, die einzigartig sind und damit meine ich vor allem „nicht austauschbar“. Strände gibt es viele, Palmen auch, schicke Hotels findet man überall und gute Tauchplätze gibt es ebenfalls weltweit in großer Anzahl. Aber eine Insel wie Little Corn Island ist unverwechselbar. Dabei ist sie teilweise auch lustig widersprüchlich: Die Wege sind an vielen Stellen komplett unbefestigt und können sich nach einem Regen wirklich zu tiefem Matsch verwandeln, selbst die Verbindungen, die zu den besten Hotels der Insel führen. Der reinste Schlamm, dort Schuhe anzuhaben ist glatter Blödsinn. Auf der anderen Seite pflegen viele Nicas ihre Gärten wie Greenkeeper ihr Putting Green. Ganz sauber geschnittener Rasen, der oft mit einer Machete abgesenst wird. Versteht das einer, ich nicht?!
Generell möchte ich aber auch sagen, dass Little Corn Island ein paar Entbehrungen mit sich bringt. Warmes Wasser gibt es zum Beispiel nur bei einem Hotel auf der Insel, und zwar dem Little Corn Beach and Bungalow Resort. Wir freuen uns, Ihnen dieses Hotel anbieten zu können, denn es ist sicherlich das schönste der Insel. Kleiner Haken, das Hotel hat eine Belegungsrate von 95 % aufs Jahr gesehen, sprich man muss sich langfristig vorher um eine Reservierung bemühen. Wir haben darüber hinaus noch andere Hotels im Programm, beispielsweise das Los Delfines Resort. Es ist zentral am Hauptweg der Insel gelegen und direkt neben der gleichnamigen Tauchbasis. Ein weiteres Thema ist das Gepäck auf dem Inlandsflug, hier werden 15 kg normales Gepäck und 9 kg Handgepäck erlaubt. Wer also mit viel Tauchgepäck reist, sollte vor dem Flug nach Big Corn etwas ins Handgepäck umpacken. Tauchequipment gibt es bei den Tauchbasen übrigens kostenlos mit dazu, von daher könnte man sein Equipment vielleicht auch etwas reduzieren.
Dennoch bei diesen Punkten möchte ich an den Anfang erinnern, als ich sagte, dass viele Gäste immer wieder erzählen, dass sie etwas besonderes suchen, etwas, das nicht jeder kennt, ein Ziel, das ursprünglich und nicht zu touristisch ist. Hier ist es! Es erfordert etwas Abenteuergeist und man sollte aufgeschlossen dafür sein, dass nicht alles perfekt und bequem ist, denn genau das macht eben auch die Einzigartigkeit von Little Corn Island aus. Zu erzählen gibt es nach einer Reise dorthin auf jeden Fall jede Menge!
Hier noch kurz ein Preisbeispiel für das Hotel Los Delfines: 2 Wochen inklusive Flug ab Deutschland, 1 Zwischenübernachtung, 13 Nächte auf Little Corn Island im Doppelzimmer, 10 Bootstauchgänge inklusive Equipment (!), Inlandsflug nach Big Corn Island (Transfers auf Big Corn Island zum Hafen, sowie die Fähre nach Little Corn Island sind nicht inklusive, Kosten vor Ort € 12,- pro Person): € 1.541,– pro Person zzgl. Flugsteuern ca. € 420,– (Stand 10.01.15)
Die Stimmung am letzten Abend in den Cafés am Strand ist sensationell, man könnte glatt meinen, ein Hollywood-Film wird hier gedreht. Die Sonne geht direkt am Strand unter, weshalb ein warmes, angenehmes Licht herrscht. Am Strand findet man ein paar wenige Muschel- und Halsketten-Verkaufsstände, so wie sich das in der Karibik anscheinend gehört. In den Cafés und Restaurants läuft genau die passende Musik, um sich in der Karibik und nicht in einem Klischee wiederzufinden. Sprich der weltbekannte Sheriff wird nicht erschossen, sondern es läuft Musik der Generation danach. Es ist perfekt, einfach unglaublich, welches Lebensgefühl die Karibik auf dieser Insel vermitteln kann. Ich genieße diese Momente, denn ich weiß wehmütig, dass ich morgen tatsächlich abreise – ganz ohne Ironie.
Auf der Rückreise habe ich mein Gepäck sehr ordentlich und sauber verpackt, wasserdicht und reißfest, die Wellen können kommen! Einen guten Platz erwische ich außerdem auch noch und in meiner Reihe sitzen nur vier statt wie auf der Hinreise fünf Personen. Was ist denn hier los? Nun, dieses Mal scheint die Sonne, von Regen keine Spur, das Meer sieht ruhig aus. Und tatsächlich, die Fahrt ist die reinste Erholung. Zwei Einheimische vor mir spielen an ihren Handys herum, neben mir wird gelesen. Es geht also auch ruhig und entspannt, was ich sehr freudig registriere. Am Hafen von Big Corn steht auch schon mein Stevie Wonder-Taxifahrer, zeigt mit dem Finger auf mich als das Boot anlegt und zeigt weiße Zähne. Mit den Worten „I waited for you“ überrascht er mich, er hat sich tatsächlich meine Rückkehr gemerkt. Auf der Fahrt zum Flughafen plaudern wir ein wenig über dies und das und wir kommen auf gute Hotels zu sprechen. Auf Little Corn Island hatte keines der Hotels einen Pool, was ich ihm auch erkläre, was er aber irgendwie nicht versteht. „How you say, where you can swim“ fragt er mich, also wie nennst du das, worin man schwimmen kann? Pool, sage ich und er kann sich kaum halten vor Lachen. Offensichtlich hatte er das Wort noch nie gehört. Unglaublich.
Beim Rückflug nach Managua fühle ich mich ganz beseelt, denn Little Corn Island war etwas Außergewöhnliches. Wie ich eingangs sagte, die Insel ist einzigartig und genau das spüre ich jetzt. Ich bin ja nicht bei Facebook, weshalb es mir teilweise schwer fällt einige Kontakte aufrecht zu erhalten, aber ich habe mir so viele Email-Adressen notiert, wie schon lange nicht mehr bei einer Reise und ich hoffe, wir bleiben in Verbindung. Ich habe so viele nette Menschen kennen gelernt, unverwechselbare Erfahrungen gemacht, dabei auch noch tolle Tauchplätze gesehen und das beste von allem: komplett abgeschaltet. Little Corn Island ist sicherlich einer der Orte, den viele romantische Abenteurer suchen…
MESSE BOOT 2015
Zu guter Letzt steht natürlich noch ein Punkt auf der Liste, den ich auf keinen Fall missen möchte, Ihnen ans Herz zu legen. Die Messe boot öffnet zum 17. Januar wieder ihre Pforten für begeisterte Wassersportler und damit auch für eine Vielzahl von Tauchern aus ganz Deutschland. Nautilus Tauchreisen finden Sie wie gewohnt in Halle 3 am Stand C 74. Ebenso wie unsere Partner, die seit vielen Jahren dabei sind: Kaş Diving (Türkei) und Saba Divers (Saba, Karibik). Zudem freuen wir uns in 2015 sehr über zwei Neuzugänge am Stand: Coopers Beach Resort (Palawan, Philippinen) und das neue Management der Tobri Divers (Roatán, Honduras) – beides absolute Lieblingsgebiete mit dem besonderen Etwas!
Und wie eingangs schon erwähnt: Nautilus Tauchreisen feiert in diesem Jahr einen sehr runden Geburtstag: wir werden 50 Jahre alt! Unglaublich! Auch dies wollen wir auf der Messe ein wenig zelebrieren und so laden wir Sie ein, kommen Sie bei uns vorbei, auf einen Kaffee oder Cuba Libre, bringen Sie Ihre Urlauberinnerungen und Neugier mit – wir freuen uns auf ein Wiedersehen!
Alle, die es in diesem Jahr nicht persönlich auf die Messe schaffen, dürfen sich trotzdem über eine Reihe unserer zeitlich begrenzten Messeangebote freuen, die wir sowohl an unserem Stand als auch auf unserer Homepage für Sie präsentieren. Folgen Sie einfach diesem Link!
Manche Dinge ändern sich nie, so auch unser alljährliches Gewinnspiel. Wir verlosen hier 10 x 2 Eintrittskarten für die boot 2015. Die Antworten Nummer 10, 25, 50, 75, 100, 125, 150, 175, 200 und 250, die auf diesen Newsletter mit dem Stichwort „boot“ antworten, gewinnen. Viel Glück und Erfolg – ich hoffe wir sehen uns auf der Messe…!
Ein langer Newsletter, wenn Sie es bis hierhin geschafft haben, vielen Dank für Ihr Interesse! Ich hoffe, ich konnte Ihnen wenigstens mit meinen Reisegeschichten die windig, kalten Tagen etwas karibische Sonne nach Hause bringen?! Falls Sie mich etwas fragen möchten, Anregungen, haben, eine andere oder gerne auch die gleiche Meinung haben, antworten Sie mir sehr gerne – ich freue mich über jedes Feedback…
Haben Sie eine gute Zeit, 2015 wird großartig, da bin ich mir sicher und ich freue mich schon sehr auf die boot in Düsseldorf.
Von Herzen alles Gute,
Ihr / Euer
Jan Thies
Geschäftsführer