Das geht ja gut los…
16. Juli 2019, 5:45 Uhr, Flughafen Düsseldorf – es ist endlich wieder soweit: Holger und ich betreten den Terminal, mit dabei mein Bruder Uwe, der sich – nachdem wir ihn bereits im Schwimmbad ordentlich angefixt haben – schon wie Bolle auf seinen Tauchkurs in Ägypten freut. Den Rest der Truppe, eine fünfköpfige Familie aus der Schweiz, werden wir erst vor Ort treffen.
Ich gehe mit meinen beiden Koffern voran und schaue auf die Anzeigentafel im Terminal: Unser Flug mit Balkan Holiday Air nach Marsa Alam soll um 7:50 Uhr starten. Ich schaue noch einmal, reibe mir die Augen, nochmal und – nichts! Unser Flug ist nicht verzeichnet. Auch die beiden Jungs werden nicht fündig, so dass ich verwirrt die Datumsanzeige meines Handys mit den Daten im Flugticket vergleiche. Nein, wir haben uns nicht vertan…
Ich mache es kurz: In den Folgestunden kaum Infos, warten, warten, warten … mit etwa sechs Stunden Verspätung geht es los und ich frage mich während des Fluges – es gibt im äußerst beengten Flugzeug immerhin Wasser und schäbigen Kaffee -, ob ein Autopilot fliegt oder die Menschen im Cockpit lediglich nicht sprechen können (Hauptsache, das mit dem Fliegen klappt). Glücklich landen wir schließlich nach 18:00 Uhr in Marsa Alam – NIE WIEDER BH-Airlines!
Schwitzerdütsch für Anfänger
Zum Glück ist der Transfer mit 40 Minuten kurz – mein Magen hängt auf halb acht. Und das Mangrove Bay gefällt uns sofort: Schön gelegen, hübsch angelegt und vor allem ruhig. An unserem kleinen Bungalow treffen wir auch direkt auf die Nachbarn: Unsere schweizerische Familie, die Holger bereits als Gäste seiner ehemaligen Tauchbasis in der Türkei kennt, macht auf mich einen supernetten Eindruck. Und immerhin verstehe ich den Familienvater Beat ziemlich gut, während seine Frau Jeannette nach meinem Gehör Schwitzerdütsch in Reinform spricht. Gut, dass man sich unter Wasser mit Handzeichen verständigt! Zu diesem Zeitpunkt wusste ich allerdings noch nicht, wie schnell man sich doch reinhört und wie viele neue lustige Wörter ich in den kommenden elf Tagen lernen werde. Dann gibt es noch die drei Töchter Lena, Jana und die 13-jährige Luana, die als jüngste der Familie bei Holger tauchen lernen wird.
Wir machen uns schnell auf zum Abendessen, das draußen auf einer großen Terrasse in Buffetform serviert wird. Ich häufe mir ordentlich den Teller voll, weil man ja schließlich alles zumindest probieren muss – lecker! Und dazu ein kühles Bierchen: Mmmh, das zischt. So kann man es aushalten. Voller Vorfreude auf den ersten Tauchgang am nächsten Tag hauen wir uns auf‘s Ohr und träumen von vielen bunten Fischen…
E-Mobil mal anders
Am nächsten Morgen heißt es erstmal ausschlafen. Wir schaffen es kurz vor neun gerade noch zum reichhaltigen Frühstück – alles da, was ein Taucher morgens braucht. Und die Tauchbasis ist einfach nur klasse. Karim, der Sohn des Eigentümers, weist uns ein und Holger erkennt erst, wen er vor sich hat, als Karim ihn fragt, wem er wohl ähnlich sehe. Den Vater Essam kennt Holger noch aus seinen Anfangsjahren in Ägypten vor über 20 Jahren. Das Tauchen scheint hier einfach nur unkompliziert zu sein: Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang kann jeder tauchen, wann und so viel er will, wobei man sich auch mit dem Zodiac jederzeit rausfahren lassen kann. Volle Flaschen stehen auf dem Steg, wo man auch die Kiste mit der Ausrüstung lagern kann.
Für Ausrüstungstransporte von der Tauchbasis zum nahe gelegenen Steg steht das „E-Mobil“ zur Verfügung, wobei „E“ hier für Esel steht: Mishou und sein menschlicher Kumpel sind ein wirklich niedliches Team.
Während ich mich langsam akklimatisiere (wir haben immerhin sonnige 36 Grad), macht Holger mit seinen Schülern Tauchtheorie. Leider hat Luana eine schicke Erkältung mitgebracht (wir lernen die Wörter „Schluckweh“ und – phonetisch – „Nasduach“ für Taschentuch, die jetzt in unseren allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen sind) und kann am ersten Tag keinesfalls ins Wasser. Für Beat hat sich das Tauchen in diesem Urlaub ohnehin erledigt – er hat eine gebrochene Schulter mitgebracht und tut mir sooo leid. Immerhin wird er beim Schnorcheln in den folgenden zwei Wochen mit zahlreichen Highlights wie Adlerrochen und Schildkröten beglückt.
Auf zum Check-Dive
Und gegen Mittag geht es für Holger, Jeannette, Lena, Jana und mich endlich zum Check-Dive: Wir gehen direkt am Steg ins Wasser, um zu schauen, ob das als erstklassig geltende Hausriff tatsächlich unseren hohen Erwartungen entspricht – oh ja, wie schön! Es wird direkt ein 80-Minuten-Tauchgang. Leider hat Holger seine Kamera zunächst noch im Zimmer gelassen, denn wir entdecken alle üblichen Verdächtigen sowie eine Schildkröte, zwei Riesenmuränen, einen Schwarm Kalmare, einen dicken Igelfisch und einen ebensolchen Kugelfisch (die habe ich irgendwie am meisten vermisst), außerdem einen Drachenkopf und viele kleine hübsche Blaupunktrochen – hier will ich bleiben!
Am Nachmittag gibt es für Uwe und Luana nochmals eine Theoriestunde und wir überlegen, dass Holger mit Uwe schon mal eine Schnupperlektion im confined water absolvieren und ich die beiden begleiten könnte, aber als Uwe im Wasser ist, bemerkt er glücklicherweise sofort, dass ihm der Reisestress und die Hitze doch ziemlich auf den Magen geschlagen sind. Dann machen Holger und ich eben noch einen kurzen Tauchgang für uns und entdecken noch eine Muräne und eine Sepia. Danach schmecken ein Dekobier an der lauschigen Beachbar, eine Dusche und ein leckeres Abendessen – was geht es uns doch wieder schlecht.
Lost in the sea…
Am nächsten Morgen wollen Jeannette und ich uns nach dem Frühstück ein Stückchen mit dem Zodiac nach Norden fahren lassen, um zum Steg zurückzutauchen, während die Tauchschüler noch ein bisschen Theorie über sich ergehen lassen. Ich weise Jeannette vorsichtshalber darauf hin, dass mein Gehirn an der Stelle, an der bei anderen der Orientierungssinn liegt, ein riesiges Loch aufweist. Leider entgegnet sie, dass es ihr jedenfalls unter Wasser ähnlich ergeht. Egal – fröhlich lassen wir uns ins Wasser gleiten und tauchen drauflos. Und uns begegnen zwei dicke Muränen, ein niedlicher Kofferfisch, viele Blaupunktrochen und vor allem einige große Drückerfische, vor denen wir uns ein bisschen in acht nehmen, weil sie doch einen wenig entspannten Eindruck hinterlassen – mit einem besonders aggressiven Exemplar werden wir später noch Bekanntschaft machen. Irgendwann habe ich leider mal wieder die Orientierung verloren und blicke zu Jeannette, die ebenfalls mit den Schultern zuckt – die Sandfläche, über die wir gerade tauchen, sah vom Steg aus irgendwie viel kleiner aus. Haben wir den Bogen zu weit getaucht und sind schon am Steg vorbei? Keine Ahnung – wir gehen in Richtung flacheren Bereich bis Jeannette mir 40 bar anzeigt. Da wir nicht mehr ansatzweise wissen, wo wir uns befinden, entschließen wir uns zum Auftauchen. Man wird ja noch mal kurz gucken dürfen! Peinlich – unser Steg ist nur etwa 30 Meter entfernt und wir werden prompt von einem ägyptischen Helfer und natürlich von Holger erwischt. Schnell wieder abtauchen ist also zwecklos, so dass wir gemächlich zum Ausstieg schwimmen. Sollte jemals ein funktionierendes Navigationsgerät für Unterwasser entwickelt werden: Ich kaufe es – Geld spielt keine Rolle!!
Glänzende Kinderaugen …
Am Nachmittag steht der erste Tauchgang der beiden Tauchschüler im confined water an. Luana geht es wieder etwas besser und ich will es mir nicht nehmen lassen, meinen Bruder, der schon als Kind alle Hans-Hass-Bücher verschlungen hat, beim ersten Abtauchen zu begleiten. Das Hausriff ist für einen Tauchkurs einfach ideal: Zunächst ist die Bucht perfekt gegen Strömung geschützt, so dass fast immer einfache Bedingungen herrschen. Dazu kommt, dass man am Steg gemütlich ins Wasser gehen und im flachen Bereich ein paar Meter zu einer ca. 2-3 m tiefen Sandfläche tauchen kann, um dort die Übungen durchzuführen und dabei schon reichlich Fisch zu bestaunen. Viel schöner als hier kann man eigentlich nicht tauchen lernen! Ich begleite die drei und schaue mir in der Nähe in Ruhe ein paar Korallenblöcke an – ich habe das alles in der tauchfreien Zeit so vermisst und liebe vor allem auch die ganzen kleinen bunten Fischchen, von denen es hier so reichlich gibt. Und neben den hier wirklich sehr zahlreichen Blaupunktrochen zieht ein ganzer Schwarm Maskenkugelfische an mir vorbei – die sind so entzückend. Uwe und Luana haben ihre Übungen völlig problemlos mit Bravour absolviert, so dass wir nach ca. 45 Minuten allesamt glücklich auftauchen. Und es macht so viel Spaß, die funkelnden Augen der angehenden neuen Taucher zu sehen – perfekt!
Nachttauchen
Und gegen 18:30 Uhr gehe ich mit Holger Nachttauchen, worauf ich mich besonders gefreut habe. Ich finde es so faszinierend, den Fischen nur im Schein der Lampe beim Jagen zuzuschauen und all die sonstigen nachtaktiven Kreaturen zu bestaunen. Allein die Stimmung im dunklen Wasser berauscht mich. Und es wird ein wundervoller Tauchgang, auch wenn Holgers Fotoausbeute mit Makroobjektiv mit Ausnahme einer ausnehmend hübschen Garnele nicht so berauschend ausfällt. Ich genieße, wie sich im Zuge des Tauchgangs der uns umgebende Füsilierschwarm vom Licht unserer Lampen angezogen immer mehr verdichtet, bis wir von Hunderten umgeben sind und wir geradezu ein Teil des Schwarms werden – unfassbar! Und mittendrin gierige Rotfeuerfische, die den Lampenschein nutzen, um in blitzschnellen Attacken Beute zu machen. Ich bin völlig geflasht, als wir nach über 70 Minuten wieder auftauchen und brauche erstmal ein bisschen Zeit für mich, um das Erlebnis zu verarbeiten. Als wir aus dem Wasser steigen und den kurzen Weg zur Tauchbasis zurücklegen, fällt mir auch auf, dass irgendetwas anders ist als sonst: Ich friere nicht! Dass ich das noch erleben darf – nachts macht mir die Hitze als Klimaanlagenfeind zwar durchaus zu schaffen, aber 30 Grad Wassertemperatur sind einfach unschlagbar!
Gefährlich: Schluckweh
Am nächsten Morgen habe ich leichtes „Schluckweh“ und meine Nase läuft – mich befällt die nackte Panik, dass ich bald nicht mehr tauchen kann. Das ist mir im Urlaub noch nie passiert. Ich entschließe mich, die Symptome zunächst zu ignorieren und puste in meine zugehaltene Nase: Druckausgleich funktioniert einigermaßen, Gott sei Dank! Vorsichtshalber entschließe ich mich, auf einen Zodiac-Tauchgang zu verzichten und Holger noch einmal bei seinem Kurs zu begleiten, damit ich bequem aussteigen kann, falls ich nicht runterkomme. Und es wird ein schöner – wenn auch mit 47 Minuten etwas kurz. Während Uwe und Luana auf ihrer Sandfläche ihre Übungen absolvieren, treibe ich mich in Sichtweite herum – die geringe Tauchtiefe macht meinen Ohren einigermaßen zu schaffen, aber ich freue mich über zwei Seezungen und – neben allerlei Kleinfisch – über weitere Maskenkugelfische. Karim meint, es ist Paarungszeit, sehr gut!
Adlerrochen, Muränen & Co.
Am Nachmittag traue ich mich mit Jeannette, einem Guide und weiteren Tauchern mit dem Zodiac wieder in den Norden und freue mich riesig: Ein wunderschöner Adlerrochen kreuzt unseren Weg und ich entdecke direkt hintereinander zwei große freischwimmende Muränen – ich kann den Grund nicht sagen, aber diese Tiere haben es mir wirklich angetan! Der Guide zeigt uns außerdem zwei Steinfische (die finde ich selbst höchst selten), einer davon wirklich riesiger als alle, die ich je zuvor gesehen habe – krass! Und auf dem Rückweg – teilweise über Sand – schauen zwei Marmorschlangenaale vorwitzig aus ihren Löchern. Ein wunderschöner Tauchgang!
Orient pur: El Quesier
Abends treffen wir uns in El Quesier mit zwei ägyptischen Freunden von Holger, Eslam und Abdoo. Holger freut sich schon wie Bolle. Holger, Uwe und ich lassen uns mit dem – durchaus erschwinglichen Taxi – direkt zum vereinbarten Restaurant bringen, wo Eslam schon wartet: Das El Fardous Fish Restaurant, das wir vor Jahren schon einmal besucht haben, ist ein echter Geheimtipp! Man sitzt romantisch unmittelbar am Wasser und futtert superleckeren Fisch und sonstiges Meeresgetier, bis man sich nicht mehr bewegen kann. Ich verzichte mangels Magenkapazität auf die sagenhaft gute Fischsuppe als Vorspeise, aber die Jungs sind unerbittliche Esser. Danach bestellt Eslam für uns einen großen Haufen Gambas, Kalamar und für jeden noch einen ziemlich großen ganzen Fisch – alles gegrillt und saulecker. Wir verzichten auf Reis, weil es auch noch tollen Salat, Hummus, andere Dips und natürlich ägyptisches Brot gibt – eine Völlerei sondergleichen. Nur zwei kleine Nachteile hat das ganze: Der Merksatz „Fisch muss schwimmen“, gilt hier nicht – es gibt natürlich nur Wasser zum Essen, und: Ich habe vergessen, mein derzeitiges Lieblingsparfum Antibrumm aufzulegen – am Wasser keine wirklich gute Idee. Ansonsten freue ich mich, dass Holger mal wieder Gelegenheit bekommt, mehr als ein paar Worte Arabisch zu sprechen, wobei zwischendurch auch ins Englische gewechselt wird, so dass Uwe und ich auch etwas zur Unterhaltung beitragen können. Nach Bezahlung der wahrhaft günstigen Rechnung gehen (oder kugeln) wir über unwegsame Straßen zu einem nahegelegenen Haushaltswarengeschäft, um für kleines Geld einen Wasserkocher zu besorgen: Wir brauchen zum Überleben einfach morgens nach dem Aufstehen einen anständigen Kaffee auf unserer Terrasse. Für 20 € bekommen wir ein ordentliches Teil nebst drei Tassen (Kind Uwe kriegt eine 500-ml-Spongebob-Tasse) und machen uns auf zum kleinen Hafen, um in der dortigen ebenfalls am Wasser gelegenen Shishabar einen „Absacker“ einzunehmen. Wir bestellen Tee und Kaffee (eine Art türkischen Kaffee, der hier mit Kardamon zubereitet wird – sehr spannend) und Uwe freut sich über eine stilechte Shisha. Wenn man sich umschaut, fühlt man sich wirklich wie im Orient. Um uns herum nur Einheimische, viele Männer in Galabeas, Familien mit Kindern, die trotz später Stunde noch überall herumtollen – hier fängt abends das Leben an, was bei der sommerlichen Hitze kein Wunder ist. Und ich bin ganz froh, dass ich einen langen Rock und eine Leinenbluse mit langen Ärmeln angezogen habe, wo ich schon die einzige Frau ohne Kopftuch bin. Ein wirklich wunderschöner Abend geht zu Ende als wir mit unserem pünktlichen Taxifahrer die Heimfahrt antreten. Den echten Absacker gibt es dann noch auf unserer lauschigen Meerblickterrasse im Resort: Gut, dass wir im Duty-free vorgesorgt und einen hervorragenden Rum mitgenommen haben!
Allerliebste Igelfische …
Am nächsten Morgen sitzt mein Schädel ziemlich zu, was leider nicht am Schnaps, sondern an der fortschreitenden Erkältung liegt. Jana hat es mittlerweile so schlimm erwischt, dass tauchtechnisch gar nichts mehr geht, aber ich werde es irgendwie hinkriegen. Lena, die auch Erkältungsprobleme hat, und ich lassen uns mit dem Zodiac nebst Guide Khaled in den Norden bringen und bitten den Fahrer, ein bisschen abzuwarten, ob der Druckausgleich klappt. Nach ein bisschen Quälerei funktioniert es dann auch und wir werden mit zwei großen Igelfischen, einem Drachenkopf, einem riesigen Kugelfisch und einem meiner liebsten Kofferfische belohnt.
Zwei neue glückliche Taucher
Am Nachmittag und am nächsten Morgen begleite ich Holger, Uwe und Luana jeweils erneut bei ihren Kurstauchgängen: Toll zu beobachten, wie sie immer besser werden und die spannenden Fische, die uns begegnen, richtig genießen können. So kreuzt u.a. eine kleine freischwimmende Muräne unseren Weg und wir schauen uns einen Buckeldrachenkopf an, der lustig den Sandboden entlangschleicht. Danach geht es für Uwe und Luana an die Theorieprüfung, die beide locker bestehen: Zwei neue glückliche Taucher, mit denen wir natürlich erstmal noch weitere begleitete Tauchgänge machen werden.
Und danach gibt es mit Holger, Jeannette und Lena noch einen wunderschönen Nachttauchgang, der den ersten fast noch toppt: Wiederum umkreisen uns unendlich viele Füsiliere. Daneben verfolgen uns erneut zahlreiche äußerst penetrante Rotfeuerfische, die wir beim Jagen beobachten können. Jeannette ist beim Auftauchen schließlich fast genervt von der Flut kleiner Fische, von denen einer Ihr partout immer ins Ohr schwimmen wollte. Ich mag meine Kopfhaube!
Verdammt viel Fisch…
Am nächsten Morgen steht für Uwe und Luana ein erster Zodiac-Tauchgang an. Uwe freut sich wie ein Kleinkind darauf, sich vom Boot rückwärts ins Wasser fallen zu lassen. Auch Jana will es trotz Erkältung wieder versuchen und wir lassen uns zu sechst in den Norden fahren. Wir schweben gemütlich dahin als plötzlich ein Adlerrochen auftaucht, der fast bewegungslos im Wasser steht und sich durch unsere Anwesenheit offensichtlich nicht gestört fühlt. Andächtig betrachte ich das wunderschöne Tier. Außerdem finden wir zwei Oktopusse, die uns mit faszinierenden Farbwechseln beglücken, sowie einen Drachenkopf und einen hübschen Krebs – sooo schön. Erst nach fast 90 Minuten steigen wir glücklich aus dem Wasser.
Mal was anderes: Seegras
Am Nachmittag hat die Erkältungsseuche auch Uwe erreicht, der eine Tauchpause einlegt. Holger und ich nutzen die Gelegenheit, uns mit dem Zodiac ins Seegras fahren zu lassen – das kann halt auch langweilig werden, wenn man nichts findet. Wir machen uns auf die Suche nach einem Seepferdchen, die es hier sporadisch geben soll. Immerhin finde ich einen schwarz-weißen Ringelschlangenaal und versuche verzweifelt, Holger mit der Kamera auf meinen Fund aufmerksam zu machen – keine Chance. Ich bleibe erstmal an Ort und Stelle: Irgendwann muss der Mann sich doch mal nach seinem Lieblingsbuddy umdrehen – nö, selbst schuld, der ist bei mäßiger Sicht schnell gänzlich außer Sichtweite, so dass ich mich entschließe, ihn wieder ausfindig zu machen – hatte ich meinen hervorragenden Orientierungssinn bereits erwähnt? Und wir finden uns schließlich wieder, tauchen weiter Richtung Steg und schießen eine Boje, um uns abholen zu lassen – zu blöd, kaum hat Holger Luft in die Boje gepumpt, erkennen wir das Seil unseres Tauchbootes: Die paar Meter zum Ziel hätten wir auch noch tauchen können, aber schwimmen geht natürlich auch.
Am Abend geht es mit der ganzen Truppe nach El Quesier – wir haben in unserem Lieblingsrestaurant reserviert und die Mädels wollen danach shoppen. Mir geht es erkältungstechnisch mittlerweile richtig schlecht und ich will eigentlich nur noch ins Bett, aber irgendwie auch nichts verpassen. Natürlich haben wir viel zu viel bestellt, aber das Essen ist wieder ein echtes Highlight. Und Lena ist wirklich witzig: Sie isst als Veganerin zwar keinen Fisch, lässt es sich aber nicht nehmen, für ihre ganze Familie mit beeindruckendem Geschick Gambas zu schälen, so dass ihr Teller den Eindruck hinterlässt, sie habe sie alle allein weggeputzt. Danach laufen wir Richtung Einkaufsstraße: Überall schräge Nippesläden, in denen es so ziemlich alles zu geben scheint – offenbar in dieser Stadt durchaus auch Touristen, denn kein Einheimischer würde sich hier ernsthaft verirren. Im angeschlagenen Zustand geht mir die Penetranz der Verkäufer, die sich jedes Innehalten des arglosen Touristen zunutze machen, schnell auf die Nerven, aber da müssen wir jetzt durch. Meinen ursprünglichen Plan, noch einige Gewürze zu erstehen, verschiebe ich erstmal, und ich bin nicht unfroh, dass es irgendwann Zeit wird, unseren Taxifahrer zu erlösen, zumal wir am nächsten Morgen mit der ganzen Truppe eine Tagestour mit dem Boot geplant haben und früh raus müssen.
Dugong – find ich doof
Für mich hat sich das allerdings am nächsten Morgen erledigt. Mir geht es sauschlecht und ich habe Fieber: Nicht die geringste Chance zu tauchen. Ich bin todunglücklich und bleibe erstmal im Bett. Später laufe ich lustlos in der Anlage herum, um ein paar Fotos zu machen, wobei ich auf Jana treffe. Die hört sich mit ihrem Husten genauso schäbig an wie ich. In meiner Verzweiflung schreibe ich eine befreundete Tauchärztin an, die genauso tauch verrückt ist wie ich, und erhalte umgehende Rückmeldung: Nach endlosen Erläuterungen, was beim Tauchen mit Erkältung/Bronchitis alles passieren kann, beschließe ich, mich ab jetzt an den letzten Satz zu halten: „Ich war im letzten Tauchurlaub allerdings auch krank, habe aber keinen Tauchgang ausgelassen.
Gegen 16:30 Uhr kehren unsere Mitstreiter dann von der Tour zurück: Nein, ich will nicht hören, dass sie ein Dugong gesehen haben, wenn auch nur aus der Ferne. Holger erzählt freudestrahlend von den beiden Tauchgängen am Erg Malek: Beim ersten hieß es Abtauchen über einer Seegraswiese, beim zweiten direkt am Riff … und die Seekuh hat sich doch tatsächlich bei beiden Tauchgängen zumindest kurz blicken lassen – ich bin schon ziemlich neidisch! Und das Essen an Bord soll ebenfalls schön ägyptisch lecker gewesen sein. Jeannette hatte wohl meinen neutauchenden Bruder als Buddy und war etwas irritiert, dass er sich mal fünf Meter über ihr, mal fünf Meter darunter befand. Uwes lockere – durchaus ernst gemeinte – Antwort: Ich hab gedacht, Jeannette taucht immer auf und ab – wohl alles eine Frage der Perspektive.
Verliebter Drückerfisch mit Knopfaugen
Am nächsten Tag geht es mir auch schon besser, nur die arme Jana ist immer noch ein Häufchen Elend und kann keinesfalls tauchen. Uwe geht es ebenfalls nicht besonders und Lena hat üble Ohrenschmerzen – schade! Jeannette, Luana, Holger und ich lassen uns mit dem Zodiac wieder in den Norden fahren und es wird ein wunderschöner Tauchgang, auch wenn ich zwischendurch mit Hustenanfällen zu kämpfen habe: Wir entdecken drei Kalmare, eine freischwimmende Muräne, eine hübsche Warzenschnecke, einen Schwarm Korallenwelse und – wirklich witzig zu beobachten – einen wunderschönen Drückerfisch mit Knopfaugen, der sich offenbar in sein Spiegelbild in Holgers Domeport verliebt hat und diesen immer wieder anstupst: Keine schlechte Fotoausbeute!
Wunderschöne Hartkorallen
Am Nachmittag geht es mit dem Zodiac mal in den Süden. Wir tauchen weiter Richtung Süden und lassen uns mit dem Zodiac abholen – eine wunderschöne Landschaft mit vielen tollen Hartkorallen – wow! Und Holger macht von uns allen erstmal ein paar schöne witzige Aufnahmen.
Weil ich bei der ersten Tagestour nicht mitfahren konnte, ist es mir gelungen, Uwe und Holger zu einer weiteren zu überreden: Am Sharm Tachtani ist zwar kein Dugong zu erwarten, aber ich liebe einfach Bootstouren – einerseits das sanfte (auch gerne etwas stärkeres) Schaukeln und andererseits das Tauchen vom Boot aus. Beim ersten Tauchgang gibt es zwar keine spektakulären Fische, aber dafür eine entzückende Korallenlandschaft. Nach einem reichlichen Mittagessen und angenehm langer Oberflächenpause brechen wir zum zweiten Tauchgang auf. Wir entdecken einen wunderschönen Platz mit tausenden von Glasfischen und vielen Garnelen – sieht einfach klasse aus!
Spanische Tänzerin
Und ich kann es einfach nicht lassen: Da es mir einigermaßen gut geht, muss auch noch ein dritter Tauchgang her: Uwes erster Nachttauchgang! Die Füsilierschwärme fallen diesmal etwas weniger üppig aus, aber dafür entdeckt Holger eine spanische Tänzerin (von der er mit seinem Makroobjektiv nur die Kiemen erwischt) und wir finden einen Drachenkopf, eine Muräne, eine Sepia und eine riesige Armee von Minifischen, die bei eingeschalteter Lampe tatsächlich vollständig die Sicht auf irgendetwas anderes versperrt – unfassbar! Genauso wie Uwes glänzende Augen beim Auftauchen.
Welch ein großer Rochen …
Mein letzter Tauchtag bricht an und ich prophezeie – wie jeden Tag – mal wieder Delfine. Die gibt es beim ersten Tauchgang (Zodiac Süd) zwar nicht, aber als wir Holger über einen kleinen Hügel folgen, gibt er uns ein Zeichen. Erst einmal sehe ich im Sand nur einen großen Stab mit etwas Eckigem daran: Kann das Müll sein? Und dann erkenne ich einen riesigen Federschwanzstechrochen, dessen Körper halb im Sand vergraben ist. Fasziniert beobachten wir, wie er sich langsam erhebt, um sodann davonzuschwimmen, wobei es Holger durch den aufgewühlten Sand leider nicht gelingen kann, ein brauchbares Foto zu machen. Aber so schön zu sehen! Kurz darauf entdecken wir noch eine Dornenkrone – auch toll, selbst wenn sie Korallen frisst. Als ich mich zu Jeannette und Luana umdrehe, erkenne ich plötzlich in der Ferne eine extrem große Schildkröte, die sich soeben erhebt, um leider in die uns entgegengesetzte Richtung wegzuschwimmen. Ich versuche, den Rest der Bande aufmerksam zu machen und tauche ein Stück hinterher, muss aber schnell erkennen, dass die Kröte einfach zu fix für mich ist. Bin ich halt die einzige, die sie gesehen hat.
Unvergesslich: Delfine zum Abschied
Und gegen Mittag geht es für mich auf zum letzten Tauchgang: Holger hat Delfine vorhergesagt, aber ich mag gar nicht daran glauben. Uwe und Lena sind weiterhin angeschlagen und können uns nicht begleiten, so dass Holger und ich uns mit Jeannette, Luana und einer weiteren Taucherin, Melanie, via Zodiac noch einmal in den Norden begeben. Und es wird einer der wundervollsten Tauchgänge, die ich je erleben werde!
Zunächst entdeckt Holger eine Zebramuräne, die man nicht sehr häufig zu Gesicht bekommt – sehr schön! Auf dem Rückweg passieren wir das Terrain eines nicht besonders freundlich wirkenden, ziemlich großen Drückerfisches. Ich war bereits vorgewarnt, dass die hübsch anzusehenden Exemplare extrem ungemütlich werden können, wenn sie ein Gelege in der Nähe haben – jetzt weiß ich es! Aggressiv greift er uns nacheinander an und auch ein kleiner Klaps von Holgers Flossen schüchtert ihn nicht ein – der will uns buchstäblich wegbeißen! Wir geben Fußgas und sind ganz froh, als wir dem Revier entkommen sind. Holger entdeckt eine große Riesenmuräne, die es sich fototechnisch günstig bequem gemacht hat. Während Holger in Ruhe fotografiert, schaue ich nach rechts: Schnappatmung! Etwas sehr großes Graues befindet sich unmittelbar neben mir … oh oh oh oh oh, ein richtiger, supergroßer Delfin! Ich schreie in meinen Lungenautomaten und zerre an Holger herum, der sich endlich umdreht. Es sind zwei große Tümmler – über zwei Meter lang -,die offensichtlich zum Spielen aufgelegt sind. Ich bin so aufgeregt, dass ich beinahe anfange zu hyperventilieren und zwei Meter hochgehe, bevor ich mich einigermaßen fange. Wir beobachten, wie sich einer der Delfine an einem Maskenkugelfisch zu schaffen machen, ihn an der Flosse hochwirft und mit ihm zu spielen scheint wie mit einem Ball – das scheint mir nicht nett. Erst viel später erfahre ich, dass Delfine gerne Kugelfische ärgern, um sich an dem Nervengift, das diese dann ausstoßen, zu berauschen – wie irre ist das denn?! Danach leisten uns die beiden Delfine noch fast zehn Minuten Gesellschaft, schwimmen um uns herum, stellen sich in unterschiedlichen Positionen wie Models auf und kommunizieren mit uns – ein unvergessliches Erlebnis. Als sie wieder verschwinden, fühlen wir uns alle wie berauscht, euphorisch, glücklich. Doch kaum hat sich Holger wieder niedergelassen, um seine Muränenfotos zu vervollständigen, sind die Delfine plötzlich wieder zurück und umrunden uns erneut für fast zehn Minuten. Und ich fühle einfach nur Glück! Als sie schließlich wieder ihrer Wege schwimmen und wir aus dem Wasser kommen, sind wir alle noch so berührt, dass wir kaum sprechen können. Jeannette muss erst einmal eine Menge Tränen vergießen, so dass der ägyptische Helfer am Steg beruhigt werden muss, dass nichts Schlimmes, sondern „nur“ Delfine passiert sind, und mir geht es nicht viel anders. Wir trauen uns kaum, unserem „Lazarett“ von dem Erlebnis zu berichten, aber das kann man nicht verheimlichen. Und plötzlich bin ich gar nicht mehr traurig, dass es am Folgetag nach Hause geht, sondern demütig dankbar für dieses unvergessliche Erlebnis!
An meinem letzten Abend treffen Holger und ich noch einmal Eslam in El Quesier mit Fischessen und Hafenbar – ein runder Abschluss, bevor Uwe und ich am nächsten Mittag abreisen.
Ein bisschen beneide ich den Rest der Truppe schon, dass sie noch drei Tage länger bleibt, und ich höre noch von einigen schönen Tauchgängen. Vor allem bin ich beeindruckt, dass Luana und insbesondere Lena, die es zumeist nur knapp zum Frühstück geschafft hatte (kann ich nachvollziehen), pünktlich um 6:00 Uhr zum Early-Morning-Dive eingetroffen sind, bei dem es reichlich zu sehen gab, u.a. mehrere Oktopusse und Drachenköpfe. Erstaunlich war wohl auch ein richtig großer Kugelfisch, der so zutraulich war, dass er Luana fast auf dem Schoß saß.
Das Fazit …
Ein absolut wunderschöner und entspannter Tauchurlaub im Mangrove Bay Resort – jederzeit wieder!
Die Location ist wegen quasi nicht vorhandener Strömung ideal für Tauchkurse und Anfänger, aber genauso gut für alte Hasen, die unabhängiges Tauchen schätzen. Das Tauchen bei Ducks-Diving ist einfach völlig unkompliziert und uneingeschränkt zu empfehlen: Es gibt keine sinnlosen Vorschriften, sondern lediglich wenige nachvollziehbare Regeln zu beachten. Karim, Essam und seine Frau Marianne sind – neben den anderen Mitarbeitern und natürlich Esel Mishou – super angenehm, unaufdringlich und immer darauf bedacht, das Tauchen so schön wie möglich zu gestalten. In der hübsch gestalteten Tauchbasis fühlt man sich sofort wohl und auch für das Deko-Bier an der unmittelbar angrenzenden Beachbar, wo man auch prima zu Mittag essen kann, ist gesorgt. Die Zimmer sind solide, Frühstück und Abendessen gut und reichlich.
Alles in allem: Wir haben alles gefunden, was ein Taucherherz begehrt! Unser ganz besonderer Dank gilt natürlich zuallererst Mishou und unmittelbar danach Jeannette, Beat, Lena, Jana und Luana – eine ganz tolle und lustige Familie, die Holger und mir sehr ans Herz gewachsen ist. Es war superschön mit Euch! Und Uwe und Luana: Uns haben Eure großen Kinderaugen nach den Tauchgängen sehr gefallen – Ihr seid jetzt vermutlich süchtig geworden!
Carola Jakobs (Fotos: Holger Pollmann)
Ach und lieber René von Nautilus-Tauchreisen: Hast Du wieder mal gut gemacht!